Tipps für die Wanderung



Zwei Mal haben wir die Samariá-Schlucht durchquert und ein Mal bin ich alleine von Agia Rouméli bis nach Samariá gegangen. Unsere Wanderungen haben wir jedes Mal selbst organisiert und alles hat prima geklappt. Daher möchte ich meine Erfahrungen an dieser Stelle gerne teilen, um Alternativen zu den üblichen, organisierten Touren aufzuzeigen.

Seit die Schlucht 1962 zum Nationalpark deklariert wurde, leben dort keine Menschen mehr. Allerdings achten die Streckenposten der Forstverwaltung auf die Einhaltung der Regeln.

Die Schlucht von Samariá ist für den Tourismus in der Regel vom 01. Mai bis 31. Oktober eines jeden Jahres geöffnet. Je nach Witterung können sich die Termine nach vorne oder hinten verschieben, insbesondere wenn noch restliches Schmelzwasser im Frühjahr die Wege, vor allem im unteren Abschnitt, unter Umständen unpassierbar macht. Auch wenn im Herbst einsetzende Niederschläge angekündigt werden, sollte man auf eine Wanderung verzichten, denn durch heftige Regengüsse können sich Wasserrinnsale schnell in Sturzbäche verwandeln. Der Weg zurück, die Xylóskalo wieder hinauf, kann ganz schön anstrengend werden. Für beide Fälle bleibt bzw. wird die Schlucht kurzerhand für den Besucherverkehr geschlossen.


Aussichtsplattform am Eingang zur Schlucht



Soll ich mich eher einer Reisegruppe anschließen oder kann ich auch auf eigene Faust durch die Schlucht stiefeln?
Die meisten Wanderer reisen mit einer Gruppe. Oft werden Durchquerungen der Schlucht in den Hotels angeboten. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: An- und Abfahrt sind organisiert, in der Regel sind Reisebegleiter mit dabei, so dass man sich ganz sicher fühlen kann, dass nichts passiert, wenn man sich an die Empfehlungen der Reiseleiter hält.
Beginn der Xylóskalo, hier geht`s hinunter...                  
Solche geführten Reisegruppen haben oft ein großes Zeitproblem: Man muss spätestens das letzte Boot abends ab Agia Rouméli erwischen, um - nach einer möglicherweise wiederum langen Busfahrt - zurück zum Hotel zu gelangen, unter Umständen eine wirkliche Mammuttour, die da an einem Tag zu bewältigen ist.
Diese Zeitnot ist es, die viele Gruppen durch die Schlucht regelrecht treibt, immer den Blick auf die Uhr, dass man es auch rechtzeitig schafft oder, wie wir es einmal erlebt haben, die Xylóskalo (so nennt man den stufigen Weg vom Einstieg auf der Omalós-Ebene einige hundert Meter hinunter in den Schluchtengrund) wieder hochsteigen müssen, wenn sich herausstellt, dass am selben Tag doch keine Fähren mehr fahren, weil z.B. das Wetter umgeschlagen und zuviel Wind aufgekommen ist.
An dieser Stelle sind Individualreisende klar im Vorteil. Eine Wanderung auf eigene Faust birgt allerdings auch mehr Unsicherheit (zumindest für die Erstwanderer) und bedarf eines gewissen Maßes an eigener Organisation. Für manche stellt ein solcher Trip vielleicht sogar eine Herausforderung dar, ein kleines Abenteuer zu erleben.


Wie kann ich meine Anfahrt planen?
Bei einer geführten Wanderung braucht man sich darüber keine Gedanken zu machen. Dabei kann eine Wanderung durch die Samariá samt An- und Abfahrt zu einer sehr langen Tagestour werden. Mit wenig Schlaf muss man dann schon rechnen, wenn man von weiter her anreist (z.B. aus dem Ostteil der Insel). Aus einem Bus heraus kann man die Fahrt hinauf in die Weißen Berge gemütlich genießen, bei klarem Wetter hat man eine fantastische Sicht auf die Nordküste.
Von Chaniá aus sind es ca. 30 gut zu fahrende Kilometer bis nach Lákki. Bis zur Omalós-Ebene fährt man dann noch einmal 12 Kilometer in Serpentinen und weitere 4 Kilometer durch die Ebene bis zum Eingang der Schlucht.
Falls man mit dem eigenen Auto unterwegs ist, ergibt sich das Problem, dass man nach erfolgter Samariá-Durchquerung noch einmal den ganzen Weg von Agia Rouméli bis nach Omalós fahren müsste, um das Gefährt wieder abzuholen.
Als Alternative könnte man das Auto in Réthimnon oder Chaniá parken, mit dem Linienbus nach Omalós fahren, durch die Schlucht nach Agia Rouméli wandern, mit der Fähre nach Chóra Sfakíon schippern und mit dem Bus zurück zum geparkten Auto kehren, das erspart viele Kilometer und Stunden.
Moderne Linienbusse fahren in raschem Tempo und für preiswertes Geld vier Mal täglich von Chaniá nach Omalós und direkt bis zum Eingang der Schlucht.
Hier der Link zu den regionalen Fahrplänen Westkreta ("mit Abfahrt von Chaniá"): KTEL Bus Service

Da eine Wanderung durch die Schlucht von Samariá etwas ganz Besonderes ist, rate ich, sich Zeit zu lassen. Ein solches Sahnehäubchen sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen, man sollte sich die Zeit nehmen, zu schauen, zu horchen, den Duft der Kiefern zu atmen, die Atmosphäre dort in der Klamm auf sich wirken zu lassen, alles in sich aufzunehmen. Wer weiß, wann man wieder einmal eine solche Gelegenheit bekommt.

Daher lautet mein persönlicher Tipp, schon am Vortag gemütlich und stressfrei mit einem Linienbus anzureisen und in einem der Hotels auf der Omalós-Ebene zu übernachten, denn für mich gehören Omalós und Samariá zusammen, nicht nur geschichtlich, sondern auch landschaftlich. Die Preise sind sehr moderat (im Herbst 2004 habe ich 18 € gezahlt), das Essen schmeckt lecker, der Service ist wirklich gut.
Außerdem bin ich der Meinung, dass man eine solche Wanderung unter Zeitdruck nicht wirklich genießen kann. Entscheidet man sich darüber hinaus noch für eine Übernachtung in Agia Rouméli, so kann man ganz langsam daher wandern, zwischendurch ausgiebig rasten, auch mal länger irgendwo verweilen und genau hinschauen, was da so interessant ist. Gleich nach der Ankunft in Agia Rouméli sucht man sich ein Quartier für die Nacht, von denen es wahrlich mehr als genug gibt (hat mich ebenfalls im Herbst 2004 ganze 20 € gekostet), kann sich gemütlich einrichten, fangfrischen Fisch in einer der Tavernen essen, im Bewusstsein, auf den kaum noch sichtbaren Überresten der antiken Stadt Tárra zu wandeln ...... und braucht vor allem an diesem Tag keine lange Rückfahrt mehr auf sich zu nehmen. Ich denke, das ist es doch Wert, eine Zahnbürste im Wandergepäck mitzunehmen.
Für mich persönlich war es auch interessant, die Atmosphäre des Örtchens Agia Rouméli zu erleben, nachdem fast alle Touristen abgefahren waren, denn hier gibt es Menschen, die zum Teil noch in der Schlucht gelebt haben. Vielleicht gelingt es, sich mit jemandem zu unterhalten und einmal aus erster Hand zu erfahren, wie das Leben dort in Samariá oder im alten Agia Rouméli (die Ruinen des Dorfes stehen direkt hinter dem offiziellen Schluchtausgang) tatsächlich war.


Soll ich als Individualreisender lieber ganz früh losgehen oder reicht es auch, die Wanderung zu einem späteren Zeitpunkt zu beginnen?
Die meisten Expertentipps besagen, dass man sich so früh wie möglich am Schluchteingang einfinden soll, um den größten Menschenmassen zu entgehen. Meiner Erfahrung nach reißt der Strom jedoch irgendwann ab, nämlich genau dann, wenn die Reisegruppen sich auf den Weg gemacht haben. Als Individualreisender mit Zeit kann man sich ganz einfach nach hinten orientieren, um so den größten Ansturm zu meiden.
Allerdings habe ich die Atmosphäre dort ganz früh am Morgen auch sehr genossen, wenn alles noch feucht ist vom Morgentau und ganz ruhig. Wenn gerade mal die Berggipfel von einer zarten Morgensonne beschienen werden, die ein weiches, rosiges Licht reflektieren, wenn die Luft ganz klar und von der Hitze des Tages noch nichts zu spüren ist.
Mit Zeit im Gepäck könnte man sich beides gönnen: Den frühen Morgen, um einen schönen Rastplatz unterwegs für sich auszumachen (z.B. auf einem Felsen am Bach oder auf einem Baumstumpf im Wald). Hier könnte man nett picknicken, während die meisten Wanderer zielstrebig vorbeipreschen. Erst wenn der Menschenstrom etwas abreißt, könnte man seinen Weg dann gemütlich fortsetzen.


Kann ich mir diese Wanderung konditionsmäßig überhaupt zutrauen?
Das ist wohl die am schwersten zu beantwortende Frage, denn wie soll man seine eigenen Kräfte im Vorfeld einschätzen, wenn man nicht genau weiß, was auf einen zu kommt.

Der offizielle Teil der Schlucht (also von Kartenhäuschen zu Kartenhäuschen) beträgt 13 Kilometer. Zur Orientierung ist jeder Kilometer gut sichtbar ausgeschildert, in beide Richtungen, so dass man unterwegs einschätzen kann, wie weit es noch ist, um sich die Kräfte etwas einzuteilen. Das Dorf Samariá liegt etwa auf halber Strecke. Vom offiziellen Schluchtausgang sind es nochmal 2 bis 3 Kilometer bis hinunter nach Agia Rouméli auf mittlerweile gepflastertem Weg.
Für mich waren die ersten Kilometer die Xylóskalo hinunter mit Abstand die anstrengendsten. Da ich kein geübter Wanderer bin und eher über eine durchschnittliche Kondition verfüge (gehe viel zu Fuß, treibe jedoch keinen Sport), zitterten mir am Fuß des Berges ganz schön die Knie. Wenn man also bergab um seine Gelenke fürchtet, dann ist es sicherlich hilfreich, einen Wanderstock mitzunehmen.
Umgekehrt habe ich den Aufstieg nach Omalós auch als ziemlich anstrengend empfunden, obwohl wir in ganz langsamem, aber stetig gleichem Tempo dort hinauf stiegen. Den zweitletzten Kilometer haben wir als den steilsten empfunden, den letzten hingegen nahmen wir schnelleren Schrittes, weil dieser nur noch mäßig bis hoch zur Ebene ansteigt.

Der Weg durch die Schlucht ist ganz gut zu gehen, manchmal über Stock und Stein, über Stege und Brücken, um Felsbrocken herum, über Baumwurzeln; allerdings ist der Weg sichtbar und gekennzeichnet. Es empfiehlt sich, auf jeden Fall gutes Schuhwerk anzuziehen, denn dadurch ermüden auch Beine und Füße nicht so schnell, haben besseren Gripp auf Geröll und schützen vor dem "Umknicken", wenn später am Tag vielleicht die Konzentration ein wenig nachlässt.

Mein Fazit: Eine solche Wanderung ist kein kleiner Spaziergang, allerdings - je nach Gestaltung - auch machbar für Leute, die keine Sportskanonen sind.
Wenn man sich eine solche Tour in unseren mitteleuropäischen Breitengraden schon nicht zutraut, so sollte man die Durchquerung von Nord nach Süd, also die Xylóskalo hinunter, auch nicht wagen. Man sollte auch bedenken, dass im Sommer auf Kreta viel heißere Temperaturen herrschen, als wir es hier in Mitteleuropa gewöhnt sind. Und auch wenn man weitestgehend nicht in der prallen Sonne wandert, so kann es in der Schlucht doch sehr heiß werden. Ich persönlich würde z.B. während der Hitzeperiode im August (wenn es an manchen Tagen mehr als 40 Grad heiß wird) niemals eine solche Wanderung machen, das wäre für mich kein Genuss, sondern reine Strapaze.


Was passiert, wenn ich aus irgendwelchen Gründen nicht mehr weiter kann?
Schon häufig haben Wanderer unterwegs gesundheitliche Probleme bekommen. Die harmlosesten sind sicherlich Ermüdungserscheinungen und Blasen an den Füßen. Es gibt Maultiere, die in solchen Fällen eingesetzt werden. Einmal habe ich beobachtet, wie zwei ältere Ladies mit schicken Segeltuchschühchen irgendwo mitten drin aufgeben mussten. Der Abtransport klappte ganz gut. Bloß die mitleidigen Blicke der anderen Wanderer waren nicht so angenehm.
Für Notfälle ist man ebenfalls gerüstet. Es gibt verschiedene Stellen in der Schlucht, in der Forstaufseher stationiert sind. Im Dorf Samariá ist eine Erstehilfestation eingerichtet. Ich frage mich trotzdem, was passiert, wenn jemand irgendwo zusammenbricht und schnelle ärztliche Hilfe braucht, denn Autos fahren dort nicht und Mulis oder Esel sind auch nicht unbedingt die schnellsten. In Agia Rouméli gibt es einen Hubschrauber-Landeplatz für solche Notfälle.
OK, an der Stelle mache man sich aber auch klar, dass man sich bei einem längeren Spaziergang in heimischen Gefilden vorher auch nicht unbedingt den Kopf über eine medizinische Versorgung im Notfall zerbricht.


Ich glaube nicht, dass ich eine Nord-Süd-Durchquerung schaffe, muss ich nun ganz auf die Samariá-Schlucht verzichten?
Mitnichten. Wenn man sich in Agia Rouméli einschifft, kann man entweder noch am selben Tag oder in aller Früh am darauffolgenden vom südlichen Ende aus hineingehen. Man erspart sich den steilen Abstieg und kann jederzeit umkehren. Außerdem hat man die Schlucht, wenn man ganz früh losgeht, fast für sich allein, ein ganz besonderes Erlebnis, wie ich finde.
Bei meiner Tour 2004 bin ich von Agia Rouméli bis nach Samariá gegangen. Erst hinterher war mir klar, wieso ich abends so müde war: von Agia Rouméli bis zum Eingang rechnen wir 2 Kilometer und von dort bis nach Samariá ca. 6-7, das ganze wieder zurück macht dann auch etwa 17 Kilometer (über nicht ebene Wegstrecke und die Hälfte leicht bergan), im Prinzip also noch weiter als eine Durchquerung der Schlucht von einem Ende zum anderen.


Was muss ich alles mitnehmen?                 

  • die Eintrittskarte (sie wird am Ausgang kontrolliert, damit niemand unbefugt in der Schlucht bleibt; der Eintritt kostet 5,00 € - Stand Sommer 2016)
  • Wanderschuhe mit gutem Profil, die über die Knöchel reichen
  • evtl. einen Wanderstock
  • eine Wasserflasche (die man unterwegs immer wieder an Zapfstellen auffüllen kann, um so viel wie möglich zu trinken)
  • genug zu essen für einen Tag (Stullen, Obst, Tomaten, Gurken, Schoko, Powerriegel, evtl. Traubenzucker.....leichtes Essen) - in der Schlucht selbst gibt es nichts
  • Sonnenschutzmittel und Kopfbedeckung
  • langärmelige Bluse/Hemd
  • je nach Jahreszeit eine Jacke und andere wärmende Sachen
  • wenn man in Agia Rouméli übernachten möchte, Zahnbürste und andere Utensilien des persönlichen Bedarfs
  • Fotoapparat
  • Ich habe auch immer Pflaster, eine elastische Binde (für verstauchte Knöchel), ein kleines Taschenmesser und eine Taschenlampe dabei (man weiß ja nie....)




  • Was darf ich auf gar keinen Fall?
    Am Eingang zur Schlucht wird man auf einem großen Schild auf alles hingewiesen, was mit gutem Recht verboten ist:
  • Feuer machen
  • Rauchen abseits der Rastplätze
  • Alkohol trinken
  • sich abseits des ausgeschilderten Weges bewegen
  • Pflanzen ausreißen
  • im Bach baden
  • laut rufen und rumgrölen (im unteren Teil ist stellenweise Steinschlaggefahr!)
  • in der Schlucht übernachten
  • Abfall wegwerfen (es gibt genügend Mülltonnen)

  • Das sind die wichtigsten Vorschriften, die mir einfallen. Haustiere lässt man am besten zu Hause, denn sie dürfen hier nicht frei laufen.

    Nun hoffe ich, dazu beigetragen zu haben, eine Entscheidung um die Art der Organisiation ein wenig zu erleichtern. Auf dass es euch so geht wie einem jungen Paar, das ich bei meinem letzten Aufenthalt dort erlebte. Am südlichen Ausgang der Schlucht, bei Agia Rouméli, passierten sie den Kartenkontrolleur. Sichtlich geschafft von der Wanderung klatschten die beiden sich lachend ab und fielen sich mit einem "Schatz, wir haben`s geschafft!" erleichtert in die Arme, um sich gleich hinter dem Ausgang der Schlucht an einem der Kioske mit einem leckeren Eis zu belohnen.