Es war schon deutlich grüner als im Vorjahr, wenn sich dieses Grün auch nicht annähernd mit jenem im SW von Rhódos messen konnte, außer vielleicht in der Ebene von Éristos mit ihren landwirtschaftlichen Flächen. Hab diesmal 6 herrliche Tage vom 8. bis 14. Mai auf Tílos verbracht. Anreise mit der Dodekánisos Express, Abreise bei ca. 7 Beaufort auf dem Katamaran Dodekánisos Pride, den es besonders zwischen Chálki und Rhódos ganz gewaltig herumschleuderte - zum Glück kann man im oberen Deck hinten im Freien sitzen und frische Luft atmen. Mit an Bord die große deutsche Wandergruppe von Wikinger Reisen und die wesentlich entspanntere italienische mit der sehr sympathischen Reiseleiterin Paola aus der Gegend von Bologna. Beide Gruppen liefen einem auf Tílos immer wieder mal über den Weg, die italienische zeichnete sich bergauf durch extreme Langsamkeit aus. Leider wird das Hafen-Kafenío zurzeit renoviert, sodass man nicht wie üblich die Abreisenden und Ankommenden bei einem Frappé beobachten konnte. Es sollte in Kürze wieder geöffnet sein. Hatte in meiner Unterkunft (der mit dem freundlichen Riesenhund namens Cooper) ganz nah bei der Platía ein reizendes englisches Paar mittleren Alters aus Brighton als Zimmernachbarn. Heather und George arbeiten beide bei der Stadtverwaltung. George, ein sehr humorvoller Mensch, ist eigentlich Italiener aus Ligurien. Die beiden haben sich 12 Urlaubstage dazukaufen können (!), das sei nicht ganz billig gewesen, ist aber offensichtlich bei manchen britischen Behörden möglich. Es war so schön, mit den beiden im Omónia an einem Tisch zu sitzen, zu essen und zu lachen. Hab mich mit etlichen anderen, meist älteren Brits angefreundet, mich bald selber wie ein Engländer gefühlt. Es gibt mir sehr viel, in GR immer aufs Neue meine Sprachkenntnisse zu trainieren und aufzufrischen, und ich konnte mich nur wundern über die schnelle Mobilisierung meiner Sprechfertigkeit. Sehr erfreulich war ein erneuter Treff mit Jennifer (sie wohnt auf der Insel und schreibt Bücher über ihre Erlebnisse) und Ian (er hat eine sehr poetischen Blog-Page über Tílos und Bulgarien kreiert, schreibt aber nun nur mehr für große Zeitungen). Diesmal hab ich oft im Omónia gegessen, zur Freude des bald 80-jährigen Michális und seiner Frau. Ihre Jígandes und ihr Fáva sind wirklich Spitze. Dort arbeiten sehr nette Leute als Bedienungen. Besonders Sávvas liebt seinen Job, tänzelt die ganze Zeit herum, macht lustige Sprüche und erheitert damit alle Gäste – ein wirklich sympathischer Mensch. Die Tochter des Hauses backt nach wie vor diverse köstliche Kuchen, die man auch extra bestellen kann. Im Touristen-Shop nebenan eine sehr nette Dame, die immer wieder Kontakt zu mir suchte. Das noch letztes Jahr so gute und stets volle Almyríki an der Paralía hat, wohl wegen neuer Leute im Team, deutlich an Qualität verloren, was sich sehr schnell herumsprach, sodass das Lokal nicht selten (fast) keine Kundschaft mehr hatte. Ich selber war ebenfalls sehr enttäuscht von meinem Essen dort, sie wollten mir nicht einmal einen kleinen griechischen Salat zugestehen, um ja mehr zu verdienen, doch ich bestand darauf und kriegte schließlich einen. Die Preise für nur 1 Glas Wein können sich sehen lassen, im negativen Sinn. Umso besser besucht war das Armenón, weiter hinten am Strand. Das Gorgóna über dem Supermarkt nahe der Paralía konnte sich ebenfalls nicht über fehlendes Publikum beklagen, dieser Koch schafft es aber immer wieder, bestimmte Gerichte mit völlig unpassenden Beilagen auszustatten und so das Gesamtgeschmackserlebnis regelrecht zu verderben, das hatte ich schon im Vorjahr erlebt und das wurde mir auch von anderen Leuten aus meiner Unterkunft bestätigt. Lob gab es dagegen für die altehrwürdige Taverne Michalis, die früher dort platziert war, wo sich jetzt das Grill House befindet. Das früher in der Ebene von Éristos angesiedelte Filoxenía, das seit einigen Jahren kurz vor Pávlos Rooms am Meeresufer seinen neuen Platz gefunden hat, war wie auch letztes Jahr im Mai noch zu – es wäre sicherlich einen oder mehrere Besuche wert. Sehr lecker gegessen hab ich einmal im Mediterranean Delights neben der alten Bäckerei. Die dortigen Tagliatelle mit Thalassiná waren allererste Sahne, fast zu viele Meeresfrüchte und zu wenig Nudeln, aber die Muscheln und das andere Getier sahen total frisch aus - ganz anders etwa als später in einer Taverne in Charáki an der rhodischen Ostküste, wo die Großgefrierpackung vom Metro in Rhodos-Stadt grüßen ließ. Nach wie vor äußerst empfehlenswert ist das Palió Meráki mit seiner Aussichtsplattform oben in Megálo Chorió, gleich neben der Kirche, wo die Holländer in unserer Unterkunft dann tatsächlich täglich speisten, enttäuscht von teureren Essensstätten in Livádia. Noch geschlossen war das To Kástro am südlichen Ortsrand von Megálo Chorió. Das Akrojáli an der Kurve, die zum Strand von Ágios Antónios hinbiegt, hatte immerhin wochenends geöffnet. An einem Samstag erblickte ich aus dem Busfenster eine Menge sich langsam auf Grillspießen drehender Brathähnchen. I couldn't resist! Es schmeckte köstlich, fast wie auf dem Münchner Oktoberfest, und auch ein sehr nettes Paar aus Brandenburg, das sich im allerersten GR-Urlaub befand, war begeistert. Samstag ist dort immer "Chicken Day", da holen sich auch einige Einheimische, wie z. B. Pávlos, der Busfahrer, ein halbes Flattertier für zu Hause ab. Die hintere Taverne beim kleinen Fischerhafen von Ág. Antónios hat nun angeblich ganz dichtgemacht. Dafür betreibt jetzt Eléni mit ihrer Tochter Jeorjía ein Kafenío mit Tischen unter den Schatten spendenden Tamarisken und bietet zusätzlich sehr leckere Gerichte an. Da es sich aber um keine Fleischgerichte handelt, beteuert die alte Dame stets, sie habe kein richtiges Essen, lediglich Kalamári, Oktopus, kleine Fische, griechischen Salat (mit leckeren Kapern) und (hervorragenden, scharf gewürzten) Auberginensalat. Ihre hervorragenden Fritten schmeckten wie selbst gemacht, also keine Fabrikware. Ich bin mehrmals per Bus zum Essen gekommen. Es war dort so unglaublich friedlich, gegenüber die Vulkaninsel Níssiros mit dem Bergdorf Nikiá, einlaufende Fischerboote, einmal erschien die kontrollierende Hafenpolizei mit ihrem Schiffchen, danach gab‘s auch für sie Happihappi bei Eléni. Erstmals hab ich es von hinten her, also von der Asphaltstraße über der SW-Küste aus, wo die Wegweiser nach Tholós Beach und zum Kástro stehen, rauf zum Kástro hoch über der Bucht von Livádia geschafft. Dieser Wanderweg wird aber spätestens hinter der verfallenen Kapelle zunehmend unangenehmer und schwieriger, ich hab mich schließlich querfeldein durch die Büsche zu einem weiter oben verlaufenden Feldweg hochgearbeitet, auf dem es sich viel besser gehen lässt und der etwa 1 km weiter hoch (vom Abzweig nach Tholós aus gesehen) in einer scharfen Kurve auf die Asphaltstraße einmündet. Ein Erlebnis der Sonderklasse war wieder die Gegend um die Aussichts-Kapelle Ágios Ioánnis, noch ein Stück weiter als die Stefanákis Villas über dem Ende der Bucht von Livádia. Im einfallenden Abendlicht unbeschreiblich schön. Umgeben von aufgeschichteten Steinmäuerchen wogten kurzhalmige Weizenfelder im Nordostwind, silbrig-gelb glänzend, durchsetzt von Eichen mit sattgrünen kleinen Blättchen. Am Wegesrand gelb blühende Ginsterbüsche, an einer Stelle sogar übermannshoch. Überall drum herum die duftende Polsterlandschaft mediterraner Kräuter. Hohe Berge. Graues bis in der Abendsonne rötlich schimmerndes Gestein. Das Meer, auf den Wellen leichte Schaumkronen. Aus dem Feldweg wird ein uralter, randlich mit aufgetürmten Steinmauern gesicherter langer Wanderweg hinter in die Einsamkeit von Jerá und darüber hinaus. Drüben die Türkei. Und Blick auf die Inseln Sími und Chálki. Wieder einmal was zum Heulen. Kurz zuvor hab ich auf der Höhe des Fáros wieder Jennifer und Ian getroffen, sie rannten förmlich dem Hafenort zu, vielleicht um den Bus zu erreichen. Ian, den australischen Schriftsteller, Blogger und Rilke-Gedichte-Übersetzer. Jennifer, die Oxford-Absolventin, die seit Jahren sehr erfolgreich ist mit ihren GR-Büchern, ihren Blogs auf ihrer Homepage über Tílos und andere Dodekanes-Inseln. Diesmal war Lisa, die mittelgroße beige-braune Hündin, ausnahmsweise nicht mit dabei. Schön wie immer der alte Wanderweg nach Léthra Beach mit dem inzwischen vielen Touristen rätselhaften "Ruth's Rock" mit seiner Gedenk-Steinscheibe an die mit 50 auf der Insel verstorbene Frau des Herausgebers der ersten Tílos-Landkarte mit dem blauen Cover, Barry Ward aus York im Norden Englands. Mit dem 08.30-Uhr-Bus nach Éristos Beach, der um 07.30 wäre doch zu früh gewesen, der um 11 Uhr war mir zu spät. Nur ein weiterer Fahrgast steigt aus, wendet sich westwärts. Eine sehr friedliche Stimmung liegt über diesem Landstrich. Kleine weiße Kapellchen schimmern zwischen den Büschen von Bergflanken im Hinterland zu mir herab. Ich gehe den halben Strand Richtung Ost bis zu seinem Ende zu Füßen des hohen Berges mit den Antennen drauf ab. Unter den Tamarisken stehen etwa 5 Zelte, nur eines ist bewohnt. Etliche Plastiktische und –stühle stehen den Campenden zur Verfügung. Hinter dem Strand ein lang gezogenes Gebäude mit Toiletten und Duschen, alles kostenlos zu benutzen und zu dieser Zeit noch erstaunlich sauber. Hab den Eindruck, der hinterste Strandabschnitt ist der sauberste und hat den meisten Sand zu bieten. Beim Zurückgehen auf dem hinter dem Strand verlaufenden Feldweg sehe ich eine langhaarige junge Frau vor mir, die gerade aus ihrem Zelt geschlüpft war. Sie läuft vor bis zur Bushaltestelle, um dann auf den Feldweg zum ca. 300 m entfernten „En Plo“ einzubiegen, einem Estiatório, das bereits jetzt, in der ersten Maihälfte, geöffnet hat und nicht nur Essen, sondern auch schöne Zimmer anbietet. Da wollte ich ebenfalls hin, auf Kaffee und ein Omelett. Auf der Gartenterrasse des Lokals kommen wir ins Gespräch. Die Frau hat gerade ihre Arbeitsstelle gewechselt, fängt in einigen Wochen in München-Bogenhausen nahe dem Englischen Garten wieder zu arbeiten an. Die Zwischenzeit nutzt sie für einen längeren GR-Rucksackurlaub, hat die billigsten erhältlichen Condor-Flüge gebucht (sie war zeitlich flexibel) und ihr eigenes Zelt auf ihrem Rücken mitgebracht. Ein Grieche hat ihr versichert, es sei nachts nicht gefährlich an diesem Strand, sie brauche keine Angst zu haben. Noch heute wird sie sich nach Astypálea aufmachen, dort um ca. 2 Uhr morgens ankommen – und dann noch ihr Zelt aufstellen müssen. Meinen lieben englischen Zimmernachbarn wird sie auf dieser Insel sicherlich auch begegnen, die haben sich dasselbe nächste Ziel vorgenommen. Später treffe ich diese Frau noch einmal im Omónia, wo sie, auf die Blue-Star-Fähre wartend, noch leckeren Kuchen eingekauft hat. Ich wandere von Éristos hoch nach Megálo Chorió, klopfe im Rathaus an und frage nach Frau Jannopoúlou, die auf meine E-Mail äußerst schnell und freundlich in perfektem Deutsch geantwortet hatte. Ich darf zu ihr rein, bedanke mich herzlich und lobe diese Inselverwaltung für ihre Effektivität und schnelle Arbeit. Jenny G. hat länger in Deutschland gelebt, daneben auch in einem englischsprachigen Land, ist also zumindest dreisprachig. Und sie ist nach ihrem Halbtagsjob im Dimarchío, wo um 14 Uhr zugesperrt wird, noch als Webdesignerin tätig. Sollte sie noch öfter unten in Livádia treffen, wo sie immer frühmorgens kurz vor dem ersten Bus, dem Schulkindertransporter hoch zu den höheren Schulen im Hauptort, in meiner Frühstückskneipe an der Platía einen Kaffee zu sich nimmt oder eben nur auf einem Stuhl wartend mit den Wirtsleuten konversiert. Hab meinen Aufenthalt um einen Tag verlängert, Márkos hat mir mein schönes Appartement gelassen, obwohl sich neue Gäste angemeldet hatten, die nun unten im EG im Schatten der großen Weinlaube wohnen müssen, was mir Skrupel bereitete, die Márko aber schnell zerstreute – für mich tue er alles – was sagt man da noch? Tílos, ein wahres Paradies, doch ein noch üppigeres Paradies hatte ich zuvor in Monólithos und Apolakkiá im total grünen, üppig bewaldeten SW von Rhódos erleben dürfen, wo neben den dichten, intakten Wäldern zahllose Früchte tragende Obstbäume das Land belebten, wo ich 9 Tage verbrachte und aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Dennoch: Das nächste Mal muss ich die kleine Insel noch länger beehren! Ich peile jetzt 10 Tage an, und noch einmal 7 für den SW von Rhódos. Toll, da blieben ja noch 6 oder 7 Tage für die Stadt mit ihren zahllosen kleinen Schönheiten, Überraschungen, Köstlichkeiten! Aber wer weiß, was das Schicksal mir zuträgt? martinpuc/MartinPUC Juni 2025
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