Bummel durch die
Altstadt von Chóra


Schon früh sind wir am heutigen Morgen aufgewacht. Früh bedeutet 9.00 Uhr. Als wir Klappläden und Fenster öffnen, dringt von Weitem Musik zu uns herüber, Nissiótika, gespielt mit einer Fidel. Bei einem Kaffee sitze ich auf unserer schattigen Terrasse und starre Löcher in die Luft, während Alex unsere Kräuter wendet. Irgendwo kräht ein Hahn. Von links kommt der halbwüchsige Sohn der Familie mit dem Rad um die Ecke, grüßt freundlich und strampelt weiter in Richtung Strand. Hier, weitab vom Lärm, gelingt uns ein hohes Maß an Entspannung, sodass wir beschließen, auf jeden Fall bald wieder zu kommen, dann aber für längere Zeit. Diese Unterkunft, das Apollónia, ist für uns ein echter Glücksfall.

Seit einigen Tagen ist es so heiß, dass man kaum etwas unternehmen möchte. Auf Kreta meinte man, man hätte gerade eine „kleine Hitzewelle“, doch hier, auf Naxos erscheinen uns die Temperaturen noch wesentlich heißer. Das liegt an der hohen Luftfeuchtigkeit, die uns täglich und auch des Nachts begleitet, und am fehlenden Wind. Im Fernsehen spricht man von 37 bis 39 Grad. Ein paar Tage später soll es abkühlen auf nur noch 32 bis 34 Grad.
Wir lassen uns jedoch nicht schrecken, denn uns treibt es zu Erkundungstouren, uns immer wieder an der Schönheit dieser grünen Insel zu berauschen.
Für heute haben wir uns unter anderem eine Besichtigung der Altstadt von Chóra vorgenommen. Danach möchten wir den Rundkurs entlang der Nordwestküste bis nach Apóllona und dann zurück über die Haupttrasse fahren. Wieder genießen wir zunächst die Fahrt von Agia Anna aus durch das Bambus- und Agavenland.



Schon am Rand des Hauptortes ist der Alltags- und Tourismusstraßenverkehr wesentlich dichter. Die Hauptstraße bergab in Richtung Hafen kann nur im Schritttempo befahren werden, doch an sie erinnere ich mich genau, an den Fußmarsch früher, wieder mit Schuhen an den Füßen nach den Wochen am Strand.



Unser Auto parken wir im Hafen und begeben uns dann zügig in den Schatten der Altstadt, die sich an einen Hügel schmiegt, und das bedeutet: Treppen steigen.



Wieder einmal haben wir es nicht geschafft, vor der Mittagshitze wegzukommen, und einmal mehr schwitzen wir als erfahrene Mittags-Spaziergänger um die Wette. Nicht allzu viele Touristen sind um diese Zeit unterwegs, sie erfrischen sich jetzt in Prokópios und Agia Anna am Strand.
Uns beglücken beim Gang durch die schmalen, mittelalterlichen Gässchen die vielen Überdachungen und Bögen, durch die viele der alten Häuser miteinander verbunden sind. Sie spenden Schatten, sodass es uns tatsächlich gelingt, bis ganz nach oben zu steigen.





Immer wieder begeistern uns diese wunderschönen Blickwinkel in Hauseingänge. Alte Gebäude mit touristischen Artikeln oder Gaststätten mit 2 oder 3 Tischchen draußen, direkt an der Hausmauer, damit noch ein schmaler Durchgang bleibt.






Von oben genießt man, wie früher die Stadtoberen, die Aussicht auf das Meer, wenn Handelsschiffe erwartet wurden oder sich ein Seelenverkäufer mit Piraten näherte und man die Stadttore schnell schließen musste.


Viele Restaurants und Geschäfte sind in den Gebäuden rechts und links der Gassen untergebracht. Zum Teil sitzt man in idyllisch angelegten Höfen.


Relikte aus alten Zeiten, zum Teil restauriert, zum Teil aber auch am Verwittern (wie schade!). Hoffentlich finden sich noch Erben oder sonstige Geldgeber, die die alten Gemäuer retten.


Wir halten an einem größeren Gebäude schon ziemlich hoch oben, in der Nähe des Kastros. Das Anwesen ist abgeschlossen. Alte Embleme zieren immer noch die Türen. Hier oben zu leben... Das wäre fein!






Auf unserem weiteren Weg liegt das katholische Kulturzentrum mit einer Gemäldeausstellung. Die Malerin ist anwesend und informiert die Besucher. Mir gibt das jetzt nicht so viel, weil ich keinen Bezug zu Griechenland erkenne, und zur Zeit innerlich ganz hier auf Naxos bin und nicht in Indien.
Ein paar Ecken weiter laden die Plätze um die Kirchen herum zum Verweilen ein. Obwohl wir keine Besichtigungen vorhaben, sind wir doch froh, bis hierher gekommen zu sein. Die gut erhaltene und restaurierte Altstadt ist selbst bei knapp 40 Grad im Schatten sehr sehenswert!


An vielen Stellen entdecken wir Ankündigungsplakate für Musikveranstaltungen. Wären wir länger hier, würden wir sicherlich auch die eine oder andere besuchen, zu verführerisch lesen sich die Bousoúki-, Jazz- und Sunset-Veranstaltungen. Und so wird es während des gesamten Urlaubs sein: Wo auch immer wir gerade sind, waren die für uns interessanten Veranstaltungen entweder schon vorher oder sind für die Zeit nach unserem Besuch angekündigt. Auf Kreta haben wir das Profítis-Ilias-Fest in Kalamáki haarscharf verpasst, ebenso wie Abende mit Laikó und kleinasiatischer Musik in Léntas. In Iraklio hätten wir endlich einmal Sokrátis Málamas live erleben können, da waren wir aber schon weg auf Santoríni. In Apírathos sti Náxo sollte am 9. August Orféas Perídis auftreten. Tipota, da sind wir schon wieder handfest in Deutschland am Arbeiten. Und andere Plakate haben wir erst zu spät entdeckt.
Zwar schade, doch unser eigenes Tagesprogramm lässt uns soviel erleben, dass wir abends in der Regel ziemlich geschafft sind und für weitere Erlebnisse irgendwie auch kein Platz mehr ist.

Auf dem Weg bergab kommen wir schon wieder an einem kleinen Stück Land mit Agaven vorbei. Selbst hier zwischen den Mauern recken sie sich gen Himmel.


Linkerhand passieren wir ein Gebäude mit einem an der Tür angebrachten, offiziellen Warnhinweis, der auf einen traurigen Umstand hinweist. Adressaten sind insbesondere die Haustierbesitzer. Die Gemeindeverwaltung wurde von Anwohnern der Umgebung von Agios Geórgios informiert, dass dort Giftköder gefunden wurden, die offensichtlich jemand dort mit Absicht ausgelegt hat. Man verweist in dem Aushang auf das Gesetz, nachdem das Töten, Quälen und Misshandeln von Tieren verboten und mit Geld- oder Haftstrafe belegt ist.
Die Gemeinde versuche zwar, die Gegend zu reinigen, doch werden die Anwohner mit Kleinkindern gebeten, besonders vorsichtig zu sein, da ein Kontakt mit dem Gift sehr gefährlich sei.
Immerhin hat sich das offizielle Bewusstsein geändert, denn solche Warnaushänge, besonders an Haustierbesitzer, gab es damals nicht. Auch in Agia Anna und Pláka wurden Unmengen von Giftköder ausgelegt, doch allein die Haustiere gingen ein, die Rattenpopulation hingegen gedieh üppig.

Durch eine enge Gasse, wieder unter einer schattigen Überdachung hindurch, verlassen wir schließlich den mittelalterlichen Stadtkern, streifen weiter bergab, vorbei an romantisch gelegenen Restaurants, bewundern die weiß-blaue Kykladenoptik und treten schließlich wieder hinaus auf die Freifläche in der Nähe des Fährhafens.






Nach unserem Altstadtbesuch bummeln wir noch ein wenig im Hafen herum, schlendern über die jetzt leere Promenade, setzen uns auf eine Zigarettenlänge in eine der kleinen Mauernischen und schauen in Richtung Tempeltor.



Bei einem Blick ins Hafenbecken sehen wir Schwärme von kleinen Fischen; sogar einen größeren können wir ausmachen, wie er unter den Fischerbooten hindurchtaucht.



Ich erinnere mich noch, dass früher, des Abends, die Männer an der Hafenkante mit Taschenlampen und Kamákis (dreizackigen Spießen) unterwegs waren, nicht (nur) um Touristinnen aufzureißen, sondern um Oktopusse zu fangen, was ihnen auch sehr häufig gelang. Ob das heute immer noch so ist?





Rundtour: Chóra - Nordwestküste - Apóllona - Filóti - Pláka



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