Auf Umwegen zur Agia Sofía


Es ist Sonntag, ein Wochenendtag, den viele Istanbuler Familien für Ausflüge, Spaziergänge und kleinere Unternehmungen nutzen.
Als wir uns, gestärkt durch ein üppiges Hotelfrühstück, auf den Weg in die Altstadt machen, führt unser Weg zunächst wieder zum Beyazıd-Platz mit dem Eingangstor zur Universität, wo uns auch schon am Vortag die Musik hingelockt hatte.
In der Gewissheit, noch einige Tage in Istanbul vor uns zu haben, können wir uns Zeit lassen. Im Café unter den Platanen, bestellen wir leckeren Kaffee. Im Hintergrund trillert ein Vogel in seinem Käfig. Entspannende Instrumentalmusik vom Band füllt diesen Teil des Platzes. Hier lässt es sich leben. Erholung pur.

Direkt vor dem Eingang zum Universitätsgelände säumen viele Menschen die Türen und Mäuerchen und sämtliche irgendwie gearteten Sitzgelegenheiten. Wir erfahren, dass heute Prüfungstag ist und die Angehörigen jetzt, am späten Vormittag, auf die Prüflinge warten.

Vom benachbarten Minarett der Beyazıd-Moschee ruft ein Muezzin zum Gebet. Gläubige strömen in den Vorhof. Derweil sorgt ein Kehrwagen auf dem Platz für Sauberkeit.

Zwei Frauen verkaufen Taubenfutter, ein kleiner Junge scheucht die wartenden Vögel auf und amüsiert sich köstlich.



Auch wir genießen den sonnigen Sonntagmittag auf diesem gemütlichen Platz, den Kaiser Theodosius im Jahr 393 anlegen ließ und der zu jener Zeit den Namen Forum Tauri (Stierplatz) trug.
Gegen dreizehn Uhr ist es dann soweit, die Studenten verlassen ihre Fakultäten und zusammen mit ihren Verwandten auch den Platz. Hoffen wir, dass die Prüfungen für alle gut verlaufen sind.


Nach erholsamen Stunden starten wir über die Hauptstraße in Richtung Altstadt und gelangen bald zu einem hochaufragenden Gerüst. Schilder klären darüber auf, dass die sagenumwobene Konstantinsäule (auch Verbrannte Säule genannt), die sich hinter dem Gerüst verbirgt, im Jahr 328 mit speziell aus Rom angelieferten Steinen errichtet wurde und seit einigen Jahren restauriert wird. Diese berühmte Säule symbolisierte das Bekenntnis des Kaisers Konstantin zum Christentum und bedeutete daher für die Christen, die zur damaligen Zeit Verfolgung und Folter aufgrund ihres Glaubens ausgesetzt waren, ein Symbol der Freiheit.

Nicht weit davon entfernt ragt der Stumpf einer anderen Säule als Teil eines byzantinischen Triumphbogens aus dem vierten Jahrhundert aus der Erde empor. Von hier aus wurden in alle Richtungen des Kaiserreiches die Entfernungen vermessen.

Wir sind in Sultanahmed angekommen. Hier spielt sich ein großer Teil des touristischen Lebens ab. Menschen aus aller Welt besichtigen die Sehenswürdigkeiten, und heute, am Sonntag, eben auch viele türkische Familien. Herrlich, diese bunte Treiben. Zwar sind die Basare geschlossen, doch die vielen Straßenhändler versuchen, die Gunst des Tages zu nutzen und ein paar Lira zu verdienen. Die Straßen sind sauber, die Anlagen gepflegt. Dafür wird ständig gesorgt.

An dem Gebäudegiebel eines Moscheekomplexes hängt eine Fahne herab, auf der auf den 556. Jahrestag der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen erinnert wird. Das mutet uns ziemlich merkwürdig an.


Nur wenige Meter daneben ein dunkler Eingang, in dem Holzkohlestückchen erhitzt werden.


Was ist denn hier los? Wir trauen uns hinein in den schattigen Hof des Corlulu Ali Pasa Medresesi, in eine fremde Welt.
Wasserpfeife rauchend verbringen vorwiegend Männer, aber auch Frauen, auf Sofas und Stühlen mit roten Polstern einen Teil des Sonntags bei gemütlichem Plausch. Mit den heißen Holzkohlestückchen werden die Nargilés beheizt. Süßliche Düfte wabbern durch das traditionsreiche Café, das zu den ältesten in Istanbul zählt. Vom Großstadtlärm ist hier nichts zu hören.
Das ist die feine Lebensart in diesem Teil der Welt, wo Einheimische wie Touristen auch im Winter im Innern des Cafés ihrem Rauchbedürfnis frönen oder gleich eine Wasserpfeife für zu Hause erstehen können, die sie vielleicht auch bald brauchen werden, wenn sich das kürzlich in der Türkei erlassene Rauchverbot tatsächlich durchsetzen wird.



Hemmungslos fotografieren wir, niemand stört sich daran. Wenige Geschäfte, die sich auch in den umgebenden Gebäuden eingerichtet haben, sind geöffnet. Bunte Lampen gibt es „For Seil“.

Wieder draußen im sonntäglichen Sultanahmed lockt uns ein anderer Eingang. Wo immer wir hineinblicken, finden wir spannende Zeugnisse der Vergangenheit. Hinter den Außenmauern verbirgt sich der Komplex einer weiteren Moschee, der Gazi Atik Ali Pascha Moschee (Gazi Atikali Paşa Camii oder Sedefçiler Camii) aus dem Jahr 1496. Nach diversen Erdbeben im Laufe der Jahrhunderte wurden der Moscheenkomplex wie auch das Minarett teilweise neu errichtet.


Die Moschee ist geöffnet, doch außer dem Schalverleiher am Eingang ist niemand zu sehen. Das Innere mutet hell und neu renoviert an, die Farben erscheinen frisch auf den weiß-getünchten Wänden.



Um uns nicht weiter zu verträumen, beschließen wir nach der Besichtigung, jetzt etwas geradliniger zu unserem eigentlichen Ziel zu gehen. Auf der Hauptstraße schlendern wir zu den beiden imposanten historischen Sehenswürdigkeiten, der Agia Sofía und der Blauen Moschee, die in Sichtweite zueinander stehen und deren Areale durch das Hippodrom miteinander verbunden sind, in dem früher Pferdewagenrennen stattfanden, und das heute ein beliebter Park ist.



Agia Sofía - Das Herz von Byzanz



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