Reisevorbereitungen


Konstantinopel, so wurde die Stadt Istanbul über 16 Jahrhunderte hinweg genannt. Istanbul – der Name wird in Griechenland abgeleitet vom Ausdruck „εiς τiν πόλi“ (gespr.: is tin poli = in die Stadt). Auch heute noch benutzen die Griechen kontextabhängig den Begriff póli, wenn sie von Konstantinopel sprechen, um die Bedeutung der großen Stadt hervorzuheben: DIE Stadt. Ein Grieche würde niemals auf die Idee kommen, die Stadt Istanbul zu nennen, ein Türke weigert sich notorisch, Konstantinoúpoli zu sagen.
Entsprechend nennt man die Küche aus Istanbul „Polítiki Kousína“ (nicht etwa „politische Küche“ im übertragenen Sinne; man achte auf die Betonung: politikí = politisch, polítiki = aus Konstantinopel). Der Vater von Fánis erklärt im gleichnamigen Film (Deutscher Titel: „Zimt und Koriander"), warum DIE Stadt eben nur so heißt: „Unsere Heimatstadt nennen wir nur DIE Stadt, denn die schönste Stadt der Welt braucht keinen Namen."
„Polítiki musikí“ bezeichnet einen etwas schnelleren Rhythmus aus Konstantinopel. So wussten auch die uns als Rembetes bekannt gewordenen Musiker, dass sie eine schnellere Gangart einlegen sollten, wenn von dieser Musik die Rede war. (Danke für die Erklärungen, Alex.)

Konstantinoúpoli - Stadt des Konstantin. Konstantin der Große – zunächst Kaiser über Westrom - residierte als solcher ab 306 n. Chr. in Trier, der ältesten deutschen Stadt, vor zweitausend Jahren bereits Schnittpunkt mehrerer Handelsrouten. (Trier ist auch heute unbedingt sehenswert mit seinen vielen Zeugnissen aus dieser Epoche, ein gemütliches und freundliches Städtchen im Dreiländereck Deutschland, Luxemburg und Frankreich.)
Nach dem Sieg in der Schlacht an der Milvischen Brücke (in Rom) herrschte Konstantin über das gesamte römische Reich. Ab 324 n. Chr. verlegte er seinen Sitz nach Byzantion, das bereits im 7. vorchristlichen Jahrhundert gegründet worden war. Ab 330 wurde die Stadt Nova Roma, nach dem Tode Konstantins ihm zu Ehren in Konstantinopel umbenannt.
Konstantin machte sich um die Anerkennung des Christentums verdient, traf Vereinbarungen zur Gleichstellung christlicher Geistlicher und erlaubte die Religionsfreiheit, also auch die Ausübung des Christentums. Im Jahr 325 n. Chr. sorgte er im Ersten Konzil von Nicäa (späterer Name Iznik) für die Beilegung innerchristlicher Zwiste.

Theodosius I., römischer Kaiser von 379 bis 394 n. Chr., erlaubte nicht nur die Ausübung des Christentums, sondern sorgte durch entsprechende Gesetze gegen das „Heidentum“ für die Erhebung des Christentums als erste Religion im Staate. Gleichzeitig bemühte er sich weiter um die Einigung verschiedener Glaubensrichtungen innerhalb dieser Religion. Unter seiner Regentschaft erlebte Konstantinopel eine kulturelle Blüte. Die Einwohnerzahl stieg auf 250.000.

Da die Stadt sich flächenmäßig erheblich ausgedehnt hatte, sollten die äußeren Bezirke ebenfalls von einem Mauerwehr umgeben werden. Die Theodosianische Landmauer entstand im 5. Jahrhundert unter Theodosius II. und erstreckte sich vom oberen Teil des Goldenen Horns in einem Bogen bis zum Bosporus.

Ein weiterer bedeutender Herrscher, der in Konstantinopel residierte, war Justinian I., römischer Kaiser von 527 bis 565 n. Chr. Von ihm wurde unter anderem die Zusammenstellung des römischen Rechts (die Corpus Iuris Civilis) in Auftrag gegeben. Unter seiner Regentschaft entstanden viele bedeutende Bauwerke. Auch der Wiederaufbau der Magna Ecclesia, die bei einem Brand zerstört worden war, wurde von ihm veranlasst. Diese Nachfolgekirche nannte man Agia Sofia.

Am 29. Mai 1453 wurde die Stadt nach einmonatiger Belagerung durch den Osmanen Fatih Sultan Mehmed II., eingenommen, was eine große Bedeutung für die weitere Entwicklung Konstantinopels hatte. Die christlichen Kirchen, auch die Agia Sofía, wurden mit Minaretten versehen und zu Moscheen umgewandelt. Konstantinopel wurde Hauptstadt des osmanischen Reiches und auch später der Türkischen Republik. 1923 wurde der Regierungssitz nach Ankara verlegt. Seit 1930 heißt die Stadt offiziell Istanbul.

Fanári (= Leuchte) ist ein häufig verwendeter Ortsname in Griechenland, das Pendant in der türkischen Sprache lautet Fener (gespr.: Fenér). Fener heißt auch ein Stadtbezirk im europäischen Teil Istanbuls, wo das Oberhaupt der gesamtorthodoxen Kirche, der Ökumenische Patriarch, seinen Sitz hat.
In früheren Zeiten waren hier viele wohlhabende griechische Familien, die Phanarioten, ansässig, wie z.B. die Karatheodori oder Ypsilanti.
Heute, so lese ich, kann man in Fener keine griechische Prägung mehr erkennen, ebensowenig wie in anderen Stadtteilen Istanbuls. Es leben nur noch knapp 2.000 Griechen in der Stadt, obwohl Konstantinopel in der Konvention vom 30.01.1923, eine Folge des Griechisch-Türkischen Krieges, vom „Bevölkerungsaustausch" von Griechen und Türken ausgenommen war.
Werden wir überhaupt noch etwas vom griechischen Leben in Istanbul entdecken?

Die Auswirkungen der Megali Idea und der Kleinasiatischen Katastrophe werden ebenfalls erörtert in der Abschlussarbeit zum Masterstudium, ab Seite 19, von Chrístos Katsioúlis, Ansprechpartner im Referat Internationale Politikanalyse der Friedrich-Ebert-Stiftung und früherer Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Außenpolitik sowie Assistent der Geschäftsführung im Fach Politikwissenschaft der Universität Trier.




Konkrete Reisevorbereitungen

Istanbul, so erfahre ich, ist eine weltoffene Metropole, mit etwa 12 Millionen Einwohnern, einige schätzen die Zahl auch auf 14 Millionen. Eine Stadt, die auf zwei Kontinenten liegt, durch den Bosporus getrennt, der das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet.


Viele Sehenswürdigkeiten aus byzantinischer Zeit befinden sich in unmittelbarer Nähe zueinander in Sultanahmed, einer Halbinsel an der Mündung des Goldenen Horns in den Bosporus: unter anderem die Blaue Moschee, (Wer kennt nicht ihren Namen?), die weltberühmte Agia Sofía, der alte Sultanspalast Topkapı (das punktlose i wird gesprochen wie ein stummes e, z.B. „Taube“, also Topkape), Museen, Basare und die unterirdische Zisterne Yerebatan Sarnıcı, die auch als „versunkener Palast“ bezeichnet wird.

Wir sind gespannt auf den „Palast", den wir über das Internet per Booking.com gefunden haben: Das Laleli Gönen Hotel im Stadtteil Laleli (nicht weit von Sultanahmed), mit Pool und einer Bar auf der Dachterrasse und – wie es scheint – einer tollen Sicht auf den Bosporus. Wir geraten ins Schwärmen! Hoffentlich halten die Bilder, was sie versprechen! Schon Monate vor Reisebeginn gebucht ist das Doppelzimmer mehr als preiswert im Vergleich zum Standardpreis.
Wir haben uns für fünf Tage einquartiert und hoffen, in dieser Zeit zumindest einen kleinen Einblick in die große Vielfalt dessen zu bekommen, was die Stadt zu bieten hat.

Den Flug haben wir schon seit Herbst des Vorjahres in der Tasche. Wir werden im asiatischen Teil Istanbuls, im Stadtteil Kadiköy, landen. Asien! Wie wir sehen, ist der Flughafen Sabiha Gökçen doch recht weit vom Hotel entfernt. Man kann natürlich ein Taxi nehmen, das soll mitten in der Nacht über 60 Euro kosten. Es gibt jedoch auch die Nachtbusse, die (anderthalb-)stündlich fahren. Havas heißt die Gesellschaft, die Busse sollen direkt vor dem Ausgang des Flughafens warten.

Da sich unser Hotel nicht weit entfernt von den Sehenswürdigkeiten befindet, können wir sicherlich viel zu Fuß erkunden. Doch kann es nicht schaden, das Prozedere beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel zu kennen.
Im Internet gibt es Übersichtskarten der Verkehrsbetriebe. Tickets für die „Tramvay“ (moderne Straßenbahn) werden vor der Fahrt an einem Kiosk oder sonstigen Verkaufsstand erworben.
Ich lerne, dass man vorab auch ein Akbil, einen elektronischen Chip, erwerben kann, den man immer wieder auflädt, und der in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gilt. Beim Passieren der Schranken zum Gleis drückt man ihn auf eine entsprechende Vorrichtung, die dann automatisch einen bestimmten Betrag unter Abzug von ca. 10% Rabatt vom Chip abbucht. Superidee, allerdings bei unserem kurzen Aufenthalt nicht notwendig.

Geld sollte man ebenfalls tauschen. Ist man als EU-Reisender schon fast gar nicht mehr gewöhnt. Auf den ersten Reisen nach Griechenland, als es noch keine Geldautomaten gab, reiste man mit (Euro-)Schecks – wie umständlich, aus heutiger Sicht. Doch irgendwie gehörte das Geldtauschen zum Reisen in ein anderes Land dazu. Mittlerweile ist es zur bequemen Normalität geworden, den Einheitseuro an fast allen entlegenen Orten zapfen zu können.
Die Türkische Währung ist die Türkische Lira (TL). Die Umrechnung ist ganz einfach: 1 Euro entspricht in etwa dem Wert von 2 Türkischen Lira. Bin gespannt, ob wir gegebenenfalls auch mit Euro bezahlen können.

Türkisch kann ich überhaupt nicht, außer beş çay (gespr.: besch tschai = „fünf Tee“ – Name einer Dortmunder Band – Gibt es die eigentlich noch?) und ekmek (Brot). Alex dagegen spricht fließend Türkisch und erklärt mir auch einige Höflichkeitsformeln, die nur ganz schwer Zugang in mein Kurzzeitgedächtnis erlangen, da mir die Phantasie für entsprechende Eselsbrücken fehlt. Doch ein kurzes Merhaba, in die Runde geworfen, wird mir sicherlich gelingen.
Sehr gut, rein vom Klang her, gefällt mir auch günaydın (gespr.: günaidén - guten Morgen). Meine Arbeitskollegen kennen den Ausdruck mittlerweile auch. Oder iyi akşamlar (gespr.: ii aksamlár = guten Abend). Lütfen (mit der Betonung auf der zweiten Silbe) heißt „Bitte“. Der Ausdruck für „Vielen Dank“ finde ich als Erstlerner noch komplizierter als das griechische Pendant: çok téşekkürler (gesp.: tsok téssekürlér).
Ausgerüstet mit diesem sehr rudimentären Wortschatz denke ich, dass man sich im Urlaub zumindest einigermaßen höflich bewegen kann.


Mein aus unzähligen Eckdaten und Informationen zusammengezimmertes Bild der Stadt ist nicht homogen, sondern vielschichtig und voller interessanter Details, aber irgendwie verwirrend und unüberschaubar, sodass ich es kaum erwarten kann, endlich loszufahren, um die Stadt kennenzulernen. Nach vielen Wochen und Monaten der Vorfreude fliegen wir Anfang August 2009 endlich von Frankfurt nach Istanbul.


Nächtliche Anreise



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